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AUF DEM STROM

02.01.2016


Durban - Freitag, 25.12.2015

Der erste Weihnachtstag empfängt uns mit einer grauen Wolkendecke, es nieselt fast ununterbrochen. Während nebenan auf der "Silver Girl" schon um 09.00 Uhr fröhliche australische Weihnachtsmänner und Frauen den Sektknorken knallen lassen, schlummern wir noch. Zumindest so lange, bis der Beamte von der Immigration ans Boot klopft und uns endgültig die Abreiseerlaubnis gibt. Wir machen das Boot klar, gehen vorher nochmal duschen und um 14.00 Uhr legen wir ab. Es dauert eine Stunde vom Point Yacht Club zur Hafenausfahrt.

Als wir endlich die Nase in Richtung Agulhas Strom lenken können, ist der Wind völlig anders als vorhergesagt. Schwach, umlaufend und von vorn. Dazu ein ziemliche wildes Gedümpel. Ich bin froh, am Vormittag noch ein "Süsskartoffel-Blumenkohl-Curry" vorbereitet zu haben, das wir zum Abend nur warm machen brauchen.

Unsere australischen Stegnachbarn "Silver Girl" und "Lets Go" haben sich ebenfalls auf auf den Weg gemacht. Wir sehen sie noch eine Weile, bevor wir sie in der diesigen Dämmerung aus den Augen verlieren. Der Regen wird mal mehr, mal wieder schwächer, doch er hört zumindest in der ersten Nachthäflte nicht auf.
Kai übernimmt die erste Wache, unter Genua und Motor holpern und stolpern wir mit etwa 8,5 Kn durch die Nacht.

RIDING THE STREAM - Samstag, 26.12.2015

Gegen 02.00 Uhr weckt mich Kai und ich habe das Glück eines stabilen SO ohne Regen. Vor mir sehe ich Blitze und Wetterleuchten, was mich anfangs ziemlich beunruhigt. Aber wie mit allem was bedrohlich wirkt, sich dann aber nichts tut: man wird im Verlauf etwas gleichgültig. Später löst es es dann vollkommen auf. Landseitig funkeln viele Lichter. Obwohl wir Durban bereits hinter uns haben, sieht es aus, als ob wir an einer einzigen langgezogenen Stadt entlangsegeln.

Es dämmert schon gegen 03.50 Uhr. Die Dünung, die sich mir zeigt, ist beachtlich. Hoch, langgezogen, weich und gleichzeitig komplett unharmonisch. Verschiedene Wellensysteme treffen aufeinander. Wie das bei viel Wind aussehen mag will ich mir gar nicht vorstellen.

Um Punkt 05.00 Uhr reisst mich der laute Alarm des Motors aus meinen Tagträumen. Innerhalb einer halben Sekunde steht Kai im Niedergang. Er krabbelt in den Maschinenraum und findet heraus, dass der Keilriemen der Motorkühlung gerissen ist, d.h. der Motor muss erst abkühlen bis er erneuert werden kann. Ohne Motor dümpeln und treiben wir mehr, als das wir segeln, weil der Wind fast vollständig eingeschlafen ist - und der Hauch der da ist, pendelt zwischen SW und SO.

Wir sind direkt auf der Höhe von Port Shepstone, als um 05.30 Uhr die Kette der Radsteuerung von ihrem Ritzel springt. Um sie wieder auf ihr Ritzel zu befördern muss Kai erst (über seine Flüche hängen wir mal lieber den Mantel des Schweigens) die Kettenabdeckung abschrauben.
Währenddessen treiben wir miesepetrig-missgelaunt mit dem Heck voran - aber immerhin mit 4-5 Kn.

Ich nutze die Gelegenheit um mal zu gucken ob ich Netz habe. Windfinder und Co sagen für das Gebiet, in dem wir uns gerade befinden einen soliden NO an! Der lässt aber noch auf sich warten und setzt erst gegen 14.00 Uhr ein. Wir sind froh, endlich den Motor abzustellen und zu segeln.

Aber alle "guten Dinge" sind drei! Der Tag hält noch eine Überraschung für uns bereit. Durch die wilde Schaukelei ist der Generator im Vorschiff umgekippt und irgndwie ist ein Teil des Benzins ausgelaufen. Unter Deck stinkt es fürchterlich! Kai wischt so gut es geht alles weg, danach erstmal lautes Schweigen im Cockpit.

Wir haben kein striktes Wachsystem. Heute Abend sitze ich bis 23.30 Uhr am Ruder. Der Himmel ist zwar noch bewölkt, gibt aber den Blick auf einen strahlend leuchtenden Vollmond frei. Die ersten beiden Stunden ist es eine ziemliche Kurbelei am Ruder, dann lässt der Wind etwas nach und die Wellen werden glatter, gleichmässiger. Wir gleiten auf einmal ganz leicht dahin und machen zwischen 9-10 Kn Fahrt, mitunter ist sogar die 11 vor dem Komma zu sehen.

RIDING THE STREAM - Sonntag, 27.12.2015

Gegen 05.00 Uhr löse ich Kai ab. Wir laufen wir die Feuerwehr! Ein strahlend blauer Tag beginnt und mit gutem Sound im Ohr, moderatem Wind und Wellen ist das Segeln ein Hochgenuss. Auf einer Skala von 1 bis 10 eine 12 plus!
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Wir überlegen im Verlauf des Tages eine Weile nach Port Elisabeth zu gehen. Wir hätten Lust uns die Stadt und die Gegend ansehen. Aber mit Blick auf die Wetterlage entscheiden wir uns dafür wie geplant weiter zu segeln.
Gegen 20.00 Uhr haben wir Port Elisabeth querab, allerdings in 25 SM Entfernung.
Gesegelte Meilen der ersten 48 Stunden: 348
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OFF THE STREAM

Port Elisabeth - Plettenberg Bay - Montag, 28.12.2015

Es ist ein durch und durch grauer Vormittag, so einer der Tage, wo man sich am liebsten mit einem Buch und einem heissen Kakao in die Koje legen möchte. Unser Reisetempo reduziert sich weil wir den Strom jetzt verlassen.

Der Agulhas Strom ist auf der Karte bis zum gleichnamigen Kap eingezeichnet, jedoch macht er ab Port Elisabeth einen Bogen seewärts den wir nicht mitgehen wollen.

Entgegen der Vorhersage verlässt uns der Wind. Zunächst dreht erauf SW, später auf West. Gegen Mittag klart es auf und die Sonne kommt heraus. Die Flautephase nutzt Kai um einige Flicken auf die Genua zu setzen. Und wir öffnen erstmalig auf dieser Tour die Vorschiffluke um mal ordentlich zu lüften. Unter Deck riecht es allmählich schon etwas streng.
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Als der Westwind einsetzt kreuzen wir wieder "dänisch" mit Kurs auf Plettenberg Bay. Wir entscheiden uns dort über Nacht zu ankern, weil erst für den nächsten Tag wieder ein kräftiger SO angesagt ist. Es ist schon dunkel, als wir in die Bucht einlaufen. Das Wasser erstrahlt phosphorisierend (fluorenszierend?). Unser Kielwasser leuchtet als hätte Phaleron einen Kometenschweif. Um uns herum sehen wir Delfine wie glitzernde Pfeile durch Wasser schiessen. Ein sagenhafter Anblick!

Der Anker fällt um 20.30 Uhr, um uns herum sehen wir sehen noch drei weitere Ankerlichter, es ist zappenduster. Wir nutzen die Gelegenheit um auf dem Achterdeck zu duschen und Haare zu waschen. Ein tolles Gefühl wieder so schön frisch zu sein. Kai bereitet uns sein leckers Kartoffelpüree mit Buerewurst (südafrikanische Bratwurst). Sehr lecker. Wir sitzen noch eine Weile im Cockpit und geniessen den schönen Blick über die Plettenberg Bay. Der Geräuschkulisse nach scheinen hinter uns auf der vorgelagerten Felsenhalbinsel ganze Herden von Ziegen, Affen und Seevögeln zu Hause zu sein. Ich bin gespannt, welcher Anblick sich uns wohl bei Tageslicht bietet. Müde und zufrieden fallen wir in die Koje.

Gesegelte Meilen Durban - Plettenberg Bay: 500

Plettenberg Bay - Cap Agulhas - Simon's Town

Dienstag, 29.12.2015

Mit dem Weckerklingeln um 06.00 Uhr stehen wir auf. Bei Tageslicht sehen wir, dass die anderen Ankerlieger alles Bekannte aus Durban sind. Einige gehen schon Ankerauf. Auf dem Felsen hinter uns ist nicht ein einziges Tier zu entdecken.
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Wir plauschen noch eine Weile über Funk mit der Crew von "Levada" und tauschen Reiseerlebnisse aus.
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Bild: Levada

Als wir die Bucht verlassen stellen wir fest, dass wir am Vorabend keine Delfine, sondern niedliche schwarze Seehunde gesehen haben, die sich hier zu Dutzenden tummeln und abwechselnd mal ihre Köpfchen oder Flossen aus dem Wasser strecken.
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Bild: Seehunde gucken

Wir motoren eine Stunde und freuen uns über den einsetzenden SO. Mit Genua, Gross und Besan laufen wir dem Cap Agulhas (Entfernung 185 SM) entgegen. Es ist ein herrlicher blauer sonniger Tag mit einem ebenso schönen Sonnenuntergang. Zum Abendessene gibt es "Ingwer-Sesam-Karottengemüse an scharf gebrateten Kichererbsen".

Als es völlig dunkel ist, setzt für einige Stunden ein unglaublich faszinierendes Meeresleuchten ein und das in einer Intensität, die keiner von uns zuvor schon einmal gesehen hat. Die sich brechenenden Wellenkämme leuchten schon fast überirdisch und von Deck aus scheint es, als ob Phaleron kräftige Unterwasserscheinwerfer hätte.

Mittwoch, 30.12.2015
Frühmorgens zeigt sich die Sonne kurz, dann ist der ganze Vormittag ist in Wolken gehüllt, wir machen gute Fahrt.
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Eigentlich ein ereignissloser Tag. Und auch wieder nicht, denn am späten Nachmittag erreichen wir Kap Agulhas. Adieu Indischer Ozean, Hello Again Atlantik! Innerhalb von 5 Monaten hat Phaleron drei Ozeane befahren. Und wir haben auf der Nordspitze Australiens gestanden, jedoch die Südspitze Afrikas im Dunst leider nicht gesehen.
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Bild: Gorillas im Nebel

Dafür haben wir mit Neptun, Poseidon, Arielle und ihrer dicken Schwester (das ist die, die immer die Wellen macht wenn sie planscht) auf das Ereigniss angestossen.

Weil ich fast den ganzen Tag über in der Koje gelegen und gelesen habe, übernehme ich die erste Wache. Der Wind schläft ein und wir laufen unter Motor und Genua, später nur noch unter Motor mit Kurs auf "Kap der guten Hoffnung". Da wir uns entlang der Schifffahrtsroute bewegen wird es über Nacht nicht langweilig. Ab 02.00 Uhr wird die Sicht schlechter und um 03.00 Uhr wecke ich Kai, weil wir von Nebenschwaden umgeben sind. Kai freut sich über seinen neuen AIS Transponder, denn so sind wir weder blind noch unsichtbar.


Sylvester in Simon's Town

Donnerstag, 31.12.2015
Als wir am frühen Vormittag in die False Bay laufen, bewegt sich die Wetterlage immer noch zwischen diesig und dicken Nebelfeldern. Im Laufe der nächsten Stunden klart es auf, so dass wir Simon's Town ansteuern können.
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Hier hat das auslaufende Jahr hat noch einen kleinen Adrenalinschub für uns in petto! Während der Ansteuerung schieben wir nur mit der Genau ordentlich Lage, weil es wie so oft kurz vor dem Anlegen noch mal so richtig aufbriest. Unmittelbar bevor wir die ersten Ankerlieger vor dem Hafen erreichen, fällt ploetzlich die Maschine aus! Netterweise lässt sie sich kurze Zeit später wieder starten - und in der Folge beschert uns das Maschinenproblem einen Liegeplatz in der vollen Marina übers Wochenende.

Die Marina, der Yacht Club und der dazu gehörige Ort wirken nach der Durban Kulisse sehr idyllisch auf uns.
Nachdem Kai die nächsten Stunden im Maschinenraum verbringt machen wir uns fuer die Sylversternacht zurecht.
Zuerst gehen wir in einem der vielen kleinen hafenseitig gelegenen Restaurants essen (Seafoodplatte extra fettig ... hier wird gern alles in die Friteuse geworfen), danach besuchen wir die Sylverterparty im Yacht Club. Die Stimmung hier ist klasse, es wird kräftig getanzt. Die ganze Seglerbande aus Durban treibt sich auch hier rum.

Den Jahreswechsel verbringen wir natuerlich zusammen mit Phaleron. Statt eines Feuerwerks bekommen wir ein Nebelhornhupkonzert der Extraklasse. Die Schiffe im angrenzenden Militärhafen schaffen es sogar eine mehrstimmige Melodie zu tuten. Wirklich beeindruckend, die Knallerei eines Feuerwerks vermissen wir kein bisschen.
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